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Es war einmal ein Wolf.

Eine Geschichte vom erfolgreichen Scheitern von Zoran Sergievski. Oder: Wie manchmal auch gute Ideen wieder verworfen werden.

Wie setze ich eine Mail auf? Muss ich in einem Bewerbungsgespräch per Zoom genauso schick sein wie IRL? Wie mache ich am Handy ein PDF? Das sind Fragen, die immer wieder in Beratungssettings auftauchen. >ENTER< produziert dazu Videotutorials.

Dazu hatten die Jugendlichen des smart_lab von WUK work.space einen Erklärbären erschaffen, der Jugendlichen weiterhilft. Um genauer zu sein: Es wäre ein Erklärwolf gewesen.

Doch der Reihe nach:

smart und medial

Zweck der in Produktion befindlichen Videos ist die Verbesserung der digitalen Beteiligung von Jugendlichen. Sie sollen in Coachingprozessen der Berufsorientierung eingesetzt werden.

Die Erklärvideos bringen notwendiges Anwendungswissen auf eine einheitliche, verständliche Basis.

Nach viel Brainstorming wünschten sich die Jugendlichen bei WUK work.space humorige Erklärvideos mit Live-Action-Szenen. Mit einem Kurzfilm hatten sie im Herbst erste Schritte in Richtung Schauspiel und Medienproduktion unternommen.

Nun standen die Teilnehmer_innen des smart_labs vor einer Herausforderung:
Wer eignet sich dafür, durch solche gespielten Szenen zu führen? Peers kamen nicht in Frage; zu viele spontane Termine und Krankenstände können Drehtage verhageln. Da zeigte jemand auf eine verstaubte Maske auf einem Regal: Viele Ecken und Kanten, in Grautönen lackiert. Augenschlitze, spitze Ohren und eine markante Schnauze.

LUPO der Erklärbär war geboren. Bloß war LUPO ein Wolf.

LUPO und fabio

Durch die Maske konnten Stills und Stand-Ins mit verschiedenen Teilnehmer_innen gedreht werden. LUPO hatte nicht nur einen hohen Wiedererkennungswert. Er hätte auch leicht „wiederkommen“ können für andere Serien, wenn ENTER mal abgeschlossen ist. Das smart_lab machte sich an den Dreh, das media_lab übernahm die Postproduktion. Hier wurden Vor- und Abspann, Schnitt und Tonmischung abgewickelt.

Szene aus dem ENTER-Pilotfilm: Links LUPO, rechts Fabio alias Magomed (Screenshot)

Im Pilot erklärte LUPO einem Jugendlichen mit dem Rollennamen Fabio etwa die Do’s and Dont’s bei Zoom-Konferenzen: Ein heller, ruhiger Raum, ordentliche Kleidung, eine stabile Verbindung empfahl unser Erklärwolf.

Am Ende der Arbeit mit Teilnehmer_innen, die in der (Vor-)Produktion, Postproduktion, Sound- und Logoentwicklung mitwirkten, standen zahlreiche Grafiken, fünf Storyboards und ein etwa zweiminütiges Video.

Thumbnail-Entwurf für ein Zoom-Tutorial (Grafik:media_lab)

Leider war schon die erste Feedbackschleife nicht nur positiv. Das lag nicht an der geleisteten Arbeit, sondern am gewählten Maskottchen.

Intro der YouTube-Serie (Screenshot)

Grauer Wolf?

Dazu ist ein kurzer Exkurs nötig: In den letzten Jahren haben die Grauen Wölfe viel Zulauf erhalten. Ursprünglich kamen sie aus der Türkei. Die faschistische Organisation hat auch bei uns Anhänger_innen. In Österreich zählen laut DER STANDARD gut 20 Vereine zu einem „wolfs“-nahen Dachverband.

Unweit von WUK work.space, am Viktor-Adler-Markt und im Umfeld des EKH, kam es immer wieder zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen türkeistämmigen Jugendlichen. Oft provozierten diese Schlägereien Anhänger_innen des „Bozkurt“. Der Bozkurt ist ein mythischer Wolf und türkischer Namensgeber der Grauen Wölfe. Die Mitglieder nennen sich selbst „Ülkücü“, frei übersetzt „Idealist_innen“. Die Konflikte mit diesen fragwürdigen Idealen erfassten auch WUK work.space: Hier gab es in der Vergangenheit mehrere Teilnehmer_innen, die massive Sympathien für die Organisation äußerten und damit auch kurdischstämmige Jugendliche provozierten.

Ciao, Lupo

Aus dieser Erfahrung heraus äußerten mehrere Kolleg_innen nach Testung der Pilotvideos Zweifel über LUPO. Eine Umfärbung und Umtaufe als Fuchs hätte neuerliche Arbeitszeit bedarft, die ohnehin schon eng bemessen ist. Ein antifaschistischer Disclaimer im Sinne einer Distanzierung vom „Bozkurt“ erschien den Trainer_innen als kontraproduktiv.

Auch die Testseher_innen des Videos – Klient_innen von A|B|O Jugend – waren nicht nur begeistert.

Die Sorge, LUPO könnte missverstanden oder missbraucht werden, führte letztendlich dazu, dass >ENTER< sich vom Erklärwolf verabschiedete.

Und so wurde LUPO in die ewigen Jagdgründe, in den Wald entlassen, wie es eine Kollegin romantisch formulierte.

Und NUN?

Als Alternative wurde nun eine Serie mit Screen-Recordings entwickelt. Natürlich wieder in enger Zusammenarbeit mit den Teilnehmer_innen von media_lab und smart_lab.

Vier Videos sind bereits in der Postproduktion und wurden in der Testung mit Klient_innen von A|B|O Jugend sehr positiv evaluiert.

Näheres dazu erzählen wir in einem eigenen Logbucheintrag.